213-12__ Woop, Paul, u.a., wegen Aussonderung sogenannter untragbarer russischer Kriegsgefangener in Luga im Zeitraum von September 1941 bis Oktober 1943 durch Angehörige des Dulag 320 und der 285. (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 28/70), 1941-1977 (Serie)

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Ref. code:213-12__
Title:Woop, Paul, u.a., wegen Aussonderung sogenannter untragbarer russischer Kriegsgefangener in Luga im Zeitraum von September 1941 bis Oktober 1943 durch Angehörige des Dulag 320 und der 285. (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 28/70)
Laufzeit:(1941-1943) 1970-1977
Contains also:Enthält u.a.: Umfang/Inhalt: 5 Bde. Hauptakten 942 Bl.+ Bd. IIIb 79 Bl.; (mit Fotos des Dulag 320 u. Angeh. d. Einheiten) Handakte ca. 100 Bl. ; ein Satz Karteikarten; Abgabebericht ZSt Ludwigsburg und 3 Mappen Berichte f. d. Handakten; Dokumenten-Übersicht; 3 Ordner Dok. 548 Bl.; ein Ordner Dokumente ca. 400 Bl.; 5 Bde. Erkennungsmarkenverzeichnis zu Dulag 320; GFP 728,Wachkomp. 320; LSB 886; 285. Sich.-Div., 2 Beiakten Aufenthaltsermittlungen Dulag 320.- Straftatbestand: Sicherungsdivision sowie Erschießungen von Kriegsgefangenen wegen Diebstahls, wegen Verstoßes gegen die Lagerdisziplin und aus anderen Gründen; Verdächtig waren Angehörige der Einheit Dulag 320, der Wacheinheiten (Polizeibataillon 65 und 1. Kompanie des Landesschützen-Bataillons 886), die vorgesetzte Dienststelle, die 285. Sicherungsdivision, sowie Angehörige des Sonderkommandos Ia der Sipo und des SD in Luga, sowie Angehörige des KdS Estland.
Das Dulag wurde am 01.09.1941 in Luga stationiert, es war auf 10.000 Gefangene angelegt. Bald jedoch waren 15.000 Gefangene dort inhaftiert. Kommandeur war der Beschuldigte Willi Albert Berthold Anschütz, der Alkoholiker war. Bereits halbverhungert eingelieferte Kriegsgefangene, Krankheiten, unorganisierte Lagerführung und Überfüllung führten zu einer Sterblichkeitsrate von ca. 30 Kriegsgefangenen pro Tag. Erst nach Aufhebung der Quarantäne und Überstellung von vielen Kriegsgefangenen in andere Lager ab April 1942 traten bessere Verhältnisse ein.
Die Bewachung führten 60 Mann vom Divisions-Nachschub-Führer zur Bewachung, ab Oktober 1941 25 Mann des Reserve-Polizei-Bataillon 65 durch, außerdem die 3. und 1. Kompanie des Landesschützenbataillons 886, die der 285. Sicherungsdivision unterstellt wurden.
Aufgrund des Kommissarbefehls wurden Aussonderungen durchgeführt. Der zuständige Ic-Offizier in der 285. Sicherungsdivision, Beschuldigte Reimar Arthur Kerwel, erhielt den Befehl und übergab ihn - angeblich schriftlich - an den Beschuldigten Fritz Karl Franz Dietrich Meyer, Ic-Offizier im Dulag 320. Aufgrund dieser Anweisungen kam es zu Selektionen der sog. untragbaren Kriegsgefangenen. Wo sie erschossen wurden ist unbekannt. Vielleicht wurden sie in der Nähe eines Waldes durch Landesschützen, Angehörige des Polizeibataillons 65 oder SD-Einheiten erschossen. Die für die Aussonderung verantwortlichen Offiziere des Dulag 320, der Kommandeur und der Ic-Offizier, sind tot. Sonderführer oder Dolmetscher der Abteilung Ic, mit deren Hilfe, die Kriegsgefangenen ausgesondert wurden, sind vermißt oder verstorben. Sicher gilt, daß die 25 Mann des Kommandos des Reserve-Polizei-Bataillons 65 an Erschießungen beteiligt waren. Der Beschuldigte, der das Kommando führte, ist ebenfalls tot. Auch der Chef der 1. Kompanie des Landesschützen-Bataillons 886, der Beschuldigte Rudolf Wesely, beteiligte sich an der Tötung, indem er Tötungsbefehle weitergab.
Bezüglich Angehöriger der Sipo und des SD konnten keine sicheren Feststellungen getroffen werden. KdS Estland war SS-Obersturmbannführer Dr. Martin Sandberger (verstorben); es gab eine KdS-Außenstelle in Luga, deren stellvertr. Leiter der Beschuldigte Werner Brauer (oder: Bräuer) war.
Erschießungen wurden seit September 1941 in Luga durchgeführt. Am Rande des Lagers gab es Erschießungspfähle, an denen die Opfer Aufstellung nehmen mußten oder an denen sie angebunden wurden, um erschossen zu werden. Schützen des Erschießungskommandos waren von 05.10.1941 bis 20.12.1941 Angehörige des Polizeibataillons 65, danach Angehörige der 1. Kompanie des LSB 886. Einige der Opfer wurden wegen Partisanenverdachts erschossen - dabei handelte es sich nicht um Kriegsgefangene, sondern um Zivilisten, die nur zum Zweck der Erschießung ins Lager gebracht wurden. Überwiegend aber waren Kriegsgefangene die Opfer. Fast immer erfolgten die Erschießungen ohne ein Lagergericht oder ein Urteil. Die Zahl der Opfer ist unbekannt, sicher belegt ist von Januar bis Mai 1942 die Mindestzahl von 51 erschossenen Kriegsgefangenen.
Der Beschuldigte Georg Kißler soll zahlreiche Exzeßtaten aus Rassenhaß begangen haben, u.a.:
1. Zwei jüdische russische Kriegsgefangene erschoß der Beschuldigte Georg Kißler im Lager. Am Abend verkündete er "Herr Major, ich melde, Luga ist wieder judenrein!".
2. Einige Gefangenen erschoß er schon bei der Einlieferung am Lagertor mit der Behauptung, es wären geflohene Kriegsgefangene, die "schon einmal dagewesen" wären.
3. Für ein Waldkommando suchte er bevorzugt Menschen mit langen Nasen - meist Armenier oder Turkmenen - aus, da er sie für Juden hielt.
4. In einer Nacht erschossen er und sein Kommando aufgrund einer Wette mit dem Beschuldigten Willi Albert Berthold Anschütz 10 Kriegsgefangene, die nachts ihre Baracken verlassen hatten, um die Latrinen aufzusuchen.
Auch außerhalb des Lagers wurden Kriegsgefangene erschossen. Etwa 100 Kriegsgefangene starben aufgrund eines Barackenbrandes Ende 1942 oder Anfang 1943. Außerdem soll als Vergeltung für einen Partisanenüberfall der kleine russische Ort Serevijanka im Herbst 1942 überfallen worden sein und 20 Einwohner erschossen worden sein. Diesbezüglich sind keine Täter ermittelbar.
Staatsanwalt:Taube, Dr.
Alte Aktenzeichen staatsanw. Ermittlungsverfahren:Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 28/70
Former reference codes:213-12_0301
Angeklagte / Beklagte:Woop, Paul, geb. am 08.12.1889 in Hamburg, gest. am 27.01.1973/Winsen an der Luhe, Adjutant im Dulag 320,
Anschütz, Willi Albert Berthold, geb. am 27.06.1889 in Kolberg, gest. am 19.07.1956/Lübeck, Kommandeur Dulag 320, Major
Kißler, Georg, unbekannt, gest. am 22.01.1942, Führer Res.Pol.Bat. 65, Leutnant der Schutzpolizei
Rieß, Friedrich, geb. am 26.09.1885 in Rain am Lech, Kommandeur Dulag ab Februar 1943, Oberstleutnant
Meyer, Fritz Karl Franz Dietrich, geb. am 08.08.1894 in Celle, gest. am 08.11.1958/Hamburg-Harburg, Ic-Offizier im Dulag 320, Hauptmann
Kerwel, Reimar Arthur, geb. am 17.09.1893 in Königsberg/Preußen, gest. am 29.04.1950/Wunstorf, Ic-Offizier in 285. Sicherungsdivision, Hauptmann
Plotho, Wolfgang, Freiherr von, geb. am 07.09.1879 in Zerben, gest. am 09.11.1946/Sowjetunion, Divisionskommandeur, Generalleutnant
Arntzen, Gerhard, unbekannt, Ia-Offizier bei 285. Sicherungsdivision, Oberstleutnant
Karlisch, Karl, geb. am 05.05.1904 in Paprodtken, Dolmetscher; Sonderführer
Kondoch, Gustav, geb. am 05.09.1888 in Johannisburg, Unteroffizier
Kade, Johann, geb. am 13.12.1901 in Mitau/Lettland, Sonderführer G; dolmetscher
Liepa, Rudolf, geb. am 02.04.1907 in Riga, Sonderführer G, Dolmetscher
Heise, Ernst, geb. am 04.08.1905 in Hamburg, Zugführer 1. Kompanie/LSB 886, Leutnant
Kuchinka (oder: Kochinka), Zdenko, geb. am 22.09.1899 in Theresienstadt/Tschechoslowakei, Leutnant
Jaerisch, Werner Ludwig Hans, Dr., geb. am 23.12.1887 in Hamburg, gest. am 10.03.1949/Juban bei Leningrad, Hauptmann
Wesely, Rudolf, geb. am 28.08.1898 in Wien, Chef 1. Kompanie/LSB 886, Hauptmann
Höllige, Rudolf, geb. am 22.10.1912 in Trautenau/Tschechoslowakei, Zugführer 1. Kompanie/LSB 886, Oberleutnant
Gruber, Michael, geb. am 16.06.1905 in Maria Neustift/Bezirk Steyr/Oberösterreich, Angeh. LSB 886,
Steinmetz, Helmuth, Dr., geb. am 05.07.1899 in Cuxhaven, Lagerarzt Dulag 320 ab 03.09.1941, Stabsarzt
Klüver, Rudolf Theodor Willi, Dr., geb. am 15.11.1911 in Ottendorf
Lorenzen, Simon, geb. am 07.02.1903 in Utersum, Angeh. Dulag 320, Sanitäter
Hasselmann, Karl-Wilhelm, geb. am 11.11.1907 in Bremen, Angeh. Dulag 320, Sanitätsobergefreier
Lapuse, Friedrich Ottomar Johannes, Dr., geb. am 30.11.1892 in Johannisburg/Ostpreußen, Adjutant Dulag 320 bis 12.04.1943, Hauptmann
Seidel, unbekannt, unbekannt, Unteroffizier
Rother (falsch: Ortner), Werner, geb. am 22.12.1899 in Hamburg, Angeh. Dulag 320, Unteroffizier
Zylmann, Peter, geb. am 05.02.1884 in Leer/Ostfriesland, Stellvertr. Lagerkommandant Dulag 320 ab 01.01.1943, Hauptmann
Beren (oder: Beerens), unbekannt, unbekannt, SS-Oberschütze
Brauer (oder: Bräuer), Werner, unbekannt, Stellvertr. Leiter KdS-ADS Luga, SS-Scharführer
Date of birth:10/22/1912
 

Usage

End of term of protection:12/31/2007
Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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