213-12__ Brenger, Hermann, u.a., wegen Aussonderung sogenannter untragbarer russischer Kriegsgefangerner durch Angehörige der Armeegefangenensammelstelle 16 in Uman u.a. (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 15/72), 1941-1973 (Serie)

Archive plan context


Ref. code:213-12__
Title:Brenger, Hermann, u.a., wegen Aussonderung sogenannter untragbarer russischer Kriegsgefangerner durch Angehörige der Armeegefangenensammelstelle 16 in Uman u.a. (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 15/72)
Laufzeit:(1941-1943) 1972-1973
Contains also:Enthält u.a.: Umfang/Inhalt: 2 Bde. Hauptakten 380 Bl., Handakt 167 Bl., Lichtbildmappe zu AGSSt 16 (enthält Foto zu im Lager Stary Krim ausgesonderten Juden); Hauptakt 147 AR 19/72: 12 Bl., Handakt 5 Bl., Sonderbd. Kopien Zeugenaussagen aus Augsburg 7 Js 27/65; Kostenheft; 3 Bde. Dokumente 558 Bl., 1 Bd. Dok zu AGSSt 16; Aufenthaltsermittlungen AGSSt 16; Beiakte Erkennungsmarkenverz. LSB 502; Beiakte Dulag 110; Ausarbeitung ZSt Ludwigsburg zu Kommissarbefehl; 1 Bd. Dok., Gerichtsurteile.- Straftatbestand: Die Armeegefangenensammelstelle 16 (AGSSt 16) entstand im März 1941 aus Personal des aufgelösten Frontstalag 193, bereits im Frühjahr 1941 kam sie in Wartestellung nach Polen. Mit dem Rußlandfeldzug kam die Einheit via Tarnow, Reichshof, Przemysl, Lemberg, Sloczow (Solotschew), Tarnopol, Proskurow, Winnitza, Uman, Perwomajsk und Kirowograd bis in Dnjepr-Gebiet, wo sie zeitweise an den Orten Kriwoj-Rog, Dnjepropetrowsk, Krementschug, Krasnograd, Poltawa und Saporoshje stationiert war. Während des Winters 1941/1942 war sie im Donez-Gebiet in Konstantinowka, Kramatorsk und Artemowsk. Über Drushkowka, Deblacevo, Taganrog, Bataisk, Metschetinkaja, Badowka-Balkowskaja, Armavir, Apscherunskaja führte der Weg im Sommer und Herbst 1942 nach Chadyschenskaja/Maikop, wo der Vormarsch endete und der Rückzug im Januar 1943 Richung Taman begann. Über Kertsch kam die Einheit nach Stari-Krim, wo der Winter 1943/1944 auf einer Kolchose etwa eine Stunde von Stari-Krim entfernt verbracht wurde. Der weitere Rückzug im Frühjahr 1944 führte über Simferopol, Sewastopol bis nach Konstanza in Rumänien, dann nach Sloczow in Galizien, über Ungarn Anfang 1945 in die Slowakei. Reste der Einheit kamen im Mai 1945 in russische Kriegsgefangenenschaft.
Aufgabe der Armeegefangenensammelstellen war die vorläufige Aufnahme kriegsgefangener Russen und ihre Weitergabe an fest stationierte Stalags und Dulags. Vermutlich erhielt die AGSSt 16 erstmals in Sloczow (Solotschew) Kriegsgefangene, wobei es sich um Verwundete handelte, die in einer Scheune untergebracht wurden. Über das weitere Schicksal ist nichts bekannt, die Einheit marschierte bereits zwei bis drei Tage weiter. Die AGSSt 16 übernahm fast an allen Standorten Gefangene, die an andere Lager überstellt wurden. Die größten Sammelstellen mit mehreren tausend Gefangenen waren Winnitza, Uman und Konstantinowka/Artemowsk. Dabei sollen allein nach der Kesselschlacht bei Uman bis zu 81.000 Gefangene in einer Kiesgrube gefangengehalten worden sein, bis sie an Kriegsgefangenenlager übergeben wurden. Im Raum Konstantinowka/Artemowsk waren im Winter 1941/1942 um 10.000 Gefangene inhaftiert. Eine Fleckfieberepidemie forderte viele Opfer unter ihnen, aber auch unter der Mannschaft des AGSSt 16. An den übrigen Orten waren nur einige hundert (zwischen 268 und 674 Gefangene laut Tagesmeldungen für Chadyschenskaja im November 1942) Kriegsgefangene untergebracht. Nebenlager gab es in Achtanisowka (auf Taman-Halbinsel), Islanterig und Eupotari im Herbst 1943. Wachmannschaften des AGSSt 16 waren überwiegend fremdvölkische Hiwis. Zur Unterstützung waren wohl zeitweise, wenn viele Gefangene zu bewachen waren, Landesschützenbataillone eingesetzt.
Die drei Kommandanten Major Vick (geb. 21.05.1893, verschollen), Major Pommerenke (30.11.1892, verstorben 24.04.1950 im Kriegsgefangenenlager Workuta) und Major Schnaase (geb. 11.04.1894, verstorben 18.11.1959) sind nicht mehr am Leben, der einzige Offizier, der ermittelt werden konnte und noch lebt, ist der Beschuldigte Hermann Brenger. Angehörige der AGSSt schilderten, daß sie Aussonderungen miterlebt hatten bzw. daß sie vom Hörensagen davon wußten. Zwei Zeugen berichteten von der Erschießung von mindestens 20 jüdischen Kriegsgefangenen im Sommer 1941 im Raum Artemowsk/Dnepropetrowsk/Krasnograd. Ein SD-Kommando hat die 20 Gefangenen aus einem provisorischen Waldlager abgeholt. Andere Zeugen erinnerten sich ebenfalls an Aussonderungen und Erschießungen. Die fünf Beschuldigten wurden aufgrund ihrer dienstlichen Funktionen verdächtigt, an den Aussonderungen beteiligt gewesen zu sein. Es konnte nicht nachgewiesen werden, daß der Beschuldigte Brenger auch die Aufgaben eines Ic-Offiziers (Abwehr, verantwortlich für Aussonderungen) übernahm, wie von einigen Zeugen angegeben. Der Beschuldigte Johann Röttig gab zu, selektierte Kriegsgefangene in den Sammelstellen gesondert untergebracht zu haben. Der Beschuldigte Brenger ist aufgrund seines Alters (zum Zeitpunkt des Verfahrens fast 82) nicht verhandlungsfähig, das Erinnerungsvermögen getrübt. Der Beschuldigte Heinrich Erhard Marchtaler gab zu, den Kommissarbefehl gekannt zu haben bestritt aber, als Leiter der Abt. Ic beim Kommandant rückwärtiges Armee-Gebiet 550 (Korück 550), der vorgesetzten Dienststelle der AGSSt 16, zur Kriegsgefangenenselektion eingesetzt gewesen zu sein. Der Beschuldigte Röttig gab an, daß Hiwis die Juden und Kommissare unter den Kriegsgefangenen aussuchten, die dann von ihm gesondert untergebracht wurden, in seinen Augen, um Gruppenbildungen und Unruhen im Lager zu vermeiden. Vom Kommissarbefehl will er nichts gewußt haben. Höchstens käme eine Überführung wegen Beihilfe zum Totschlag in Betracht, da Röttig eigene niedere Beweggründe nicht nachweisbar sind. Der Beschuldigte Waldemar Bartels war Dolmetscher und Sonderführer. Er behauptete, von Aussonderungen keine Kenntnis gehabt zu haben und nur für die Versorgungsabteilung gearbeitet zu haben, die Behauptung ist nicht widerlegbar. Der Beschuldigte Dr. Rudolf Prey war Unterarzt. Medizinische Experimente an russischen Kriegsgefangene, die ihm von Zeugen vorgeworfen worden waren, bestritt er. Er habe lediglich in Notfällen Amputationen mit nicht medizinischen Sägen durchgeführt. Angesichts der Mangelsituation des Krieges kann dadurch kein Vorwurf begründet werden. Georg Holzapfel wurde nicht als Beschuldigter eingetragen, da sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Mitwirkung an der Liquidierung von zwei russichen Kriegsgefangenen finden ließen.
Das Verfahren 147 AR 19/72 entstand aufgrund der Auffindung eines Massengrabes bei Artemowsk, wo ca. 3000 Leichenreste gefunden wurden. Hinweise auf Mord gibt es nicht. Die Toten waren vermutlich der im Winter 1941 und Frühjahr 1942 tobenden Fleckfieber-Epidemie im Raum Artemowsk/Konstantinowka zum Opfer gefallen.
Staatsanwalt:Rohweder
Alte Aktenzeichen staatsanw. Ermittlungsverfahren:Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 15/72, früher 147 Js 8/71, verbunden mit 147 AR 19/72.- Parallelverfahren: Augsburg 7 Js 27/65; Hannover 2 Ks 1/68; Stuttgart IARs 94/68 = Stuttgart 15 Js 143/64.
Former reference codes:213-12_0344
Angeklagte / Beklagte:Brenger, Hermann, geb. am 10.05.1890 in Barmen-Elberfeld, Adjutant AGSSt 1941-Herbst 1944, Hauptmann
Marchtaler, Heinrich Erhard, von, geb. am 02.11.1888 in Heilbronn, Leiter Ic-Abt. bei Korück 550
Röttig, Johann, geb. am 16.10.1907 in Schluckenau/Sudetenland, Oberfeldwebel; Spieß
Bartels, Waldemar, geb. am 22.04.1897 in St. Petersburg, Dolmetscher
Prey, Rudolf, Dr., geb. am 16.05.1909 in Greifenberg/Pommern, Stabsarzt oder Unterarzt
Holzapfel, Georg, geb. am 19.01.1906 in Nienburg/Weser
Date of birth:5/16/1909
 

Usage

End of term of protection:12/31/2003
Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

URL for this unit of description

URL:https://recherche.staatsarchiv.hamburg.de/ScopeQuery5.2/detail.aspx?Id=1358371
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr
Online queries – Staatsarchiv Hamburg