213-12__ Binner, Anton, Paulus, Friedrich,u.a., wegen Erschießung von mindestens 166 polnischen Bürgern in Josefow und Radawiec u.a. durch Angehörige des dem SS- u. Polizeiführer im Distrikt Lublin unterstellten Selbstschutzes im Zeitraum vom 14.04. bis zum 16.06.40 (Staatsanwaltschaft Hamburg 14

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Ref. code:213-12__
Title:Binner, Anton, Paulus, Friedrich,u.a., wegen Erschießung von mindestens 166 polnischen Bürgern in Josefow und Radawiec u.a. durch Angehörige des dem SS- u. Polizeiführer im Distrikt Lublin unterstellten Selbstschutzes im Zeitraum vom 14.04. bis zum 16.06.40 (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 1/68)
Laufzeit:(1940) 1966-1976
Contains also:Presseberichterstattung: "'Friedrich Paulus war ein zuverlässiger SS-Mann'" und "Zeuge schildert das blutige Massaker an 166 Polen", beides in: Die Welt, 30.01.1981. "Mitverantwortlich für den Tod von 166 Polen in Lublin?" in: Frankfurter Rundschau, 30.01.1981.
Enthält u.a.: Umfang / Inhalt: 17 Bde. Hauptakten 2888 Bl. (Bd.1+2 fehlen), 8 Bde. Handakten 1364 Bl., 4 Dokumentenbde.-
Straftatbestand: Dem Angeklagten Friedrich Paulus wurde vorgeworfen, als Kompanieführer des Selbstschutzes bei einer von dem Selbstschutzführer von Alvensleben befohlenen und geleiteten Erschießung mindestens 166 Polen am 14. und 15. 04.1940 in Josefow und einer Erschießung von mindestens 27 Polen am 16.06.1940 in Radawiec mitgewirkt zu haben. Das Dorf Jozefow liegt im Kreis Luckow, seine Bevölkerung waren überwiegend volksdeutsche Bauern. Am Abend des 13.04.1940 wurde die Familie des volksdeutschen Adolf Kassner auf ihrem Hof überfallen. Die Eheleute Kassner und drei ihrer Kinder wurden getötet. Das bewegliche Eigentum wurde geraubt und mittels eines Pferdefuhrwerks abtransportiert. Als die Nachricht von der Ermordung der Kassners Lublin erreichte, befahl der SSPF Lublin, Globocnik, den Führer des Selbstschutzes, SS-Standartenführer von Alvensleben zu sich und befahl Vergeltung. Dem Angeklagten Friedrich Paulus, der Befehlshaber der 1. Kompanie des Selbstschutzes war, wurde ein Melder nachgeschickt, woraufhin er sich bei von Alvensleben meldete, der ihm Befehl erteilte, Rache zu üben. 120 Selbstschutzleute - darunter auch ein erwachsener Sohn des Ermordeten - wurden zum Einsatz bestimmt und in mehreren Lkws nach Jozefow gebracht. Von Alvensleben, Dolp und andere Selbstschutzführer sowie zwei der Angeklagten waren auf dem Hof und führten die Selbstschutzleute durch das Haus, wo die Leichen lagen. Ob der Mord an den Kassners politisch motiviert oder ein Raubmord war, konnte nicht geklärt werden. Die Selbstschutzleute sollten ausschwärmen und Polen verhaften. Sie trieben Polen zusammen, nahmen teilweise auch Frauen und Kinder fest. Auch der Angeklagte Friedrich Paulus beteiligte sich an den Festnahmen in Jozefow, Bronislawow, Zakempie und Hordrzes. Einige Volksdeutsche erreichten noch die Freilassung des polnischen Pfarrers. In der Dämmerung kam es zu einer Schießerei, woraufhin Polen die Flucht ergriffen. Am Morgen des 15.04.1940 mußten die Polen die Opfer der Schießerei des Vorabends bestatten und wurden, sobald sie nicht mehr gebraucht wurden, selbst erschossen. Insgesamt wurden 161 polnische Männer, 2 Frauen und drei Kinder erschossen, 8 Personen verletzt, 27 Bauernhöfe angezündet, 71 Gebäude niedergebrannt. Zwei Wochen später wurden die Mörder der Kassners gefaßt, als sie das Eigentum verkaufen wollten. Es stellte sich heraus, daß es sich tatsächlich um einen Raubmord gehandelt hatte, der kein politisches Motiv hatte. Generalgouverneur Frank nannte den Selbstschutz daraufhin "Mord- und Räuberbande des SSPF Lublin". Im November 1946 wurde der volksdeutsche Bauer Gottfried Kühn aus Bronislawow hingerichtet, nachdem er im September 1946 von einem polnischen Gericht zum Tod verurteilt worden war, weil man ihm Mitverantwortung für die Ereignisse in Josefow vorhielt. - Ferner Ermordung von 27 Polen am 16.06.1940 in Radawiec bei Lublin. Am 15.06.1940 wurde der volksdeutsche Landwirt Wilhelm Pufal erschossen aufgefunden. Er war Selbstschutz-Angehöriger gewesen, wobei er sich eigenmächtig und anmaßend verhalten haben soll. Möglicherweise wurde er erschossen, als er eine Kontrolle der Ausweise polnischer Bürger vornehmen wollte. Globocnik oder von Alvensleben befahlen analog zu den Ereignissen vom 14.04.1940 eine Racheaktion. Die 1. Kompanie des Selbstschutzes wurde zum Einsatz befohlen. Ungefähr 100 Mann wurden mobilisiert. Selbstschutzleute durchkämmten die Dörfer Stasin, Radawiec, Motycz, Marynin, Teresin und Konopniea und nahmen die männliche Bevölkerung - Polen, aber auch Juden - fest und brachten sie zu drei Sammelplätzen in Stasin, Radawiec Maly und der Gutshof Radawiec.
Die volksdeutschen Angehörigen des Selbstschutzes wurden von von Alvensleben aufgefordert, Täter zu benennen. Die Volksdeutschen baten um die Freigabe von Leuten, die sie für unschuldig hielten. Über die tatsächliche Freilassung behielt von Alvensleben die Entscheidung. Eine Intervention von Untergebenen des SD-Kommandeurs von Huppenkothen, der sich für die erforderlichen Maßnahmen verantwortlich hielt, blieb erfolglos. Alle nicht freigelassenen Juden und Polen wurden von Stasin und Radawiec Maly wurden zum Gutshof Radawiec gebracht. Die festgenommenen Juden - allein 13 davon aus Radawiec - wurden an einen Waldrand gebracht, wo sie Gruben ausheben mußten. Unter den im Gutshof Radawiec versammelten Polen wurden erneut einige von Volksdeutschen freigebeten, jüngere Polen ausgesondert und als Arbeitskräfte für das Reich rekrutiert. Aus der verbliebenen, unbekannten Anzahl von Polen wurde jeder so-und-so-vielte für die Erschießung ausgesucht. Sie wurden als Gruppe fotografiert, Personalien und Alter festgehalten. Spätestens ab dann waren sie sich über ihr Schicksal im Klaren. Der Selbstschutz bildete ein Erschießungskommando von 12 bis 20 Mann. Die Polen mußten sich auf die Erde legen und wurden von Bewachern gequält, bis ein SS-Führer dies verbot. Bei der Exekution wurden zuerst die Juden erschossen. Einige Polen mußten nun weiter Gruben ausheben. Ein Pole namens Szewszyk mußte die Leichen im Grab zurechtlegen, er entfloh und war später Zeuge in dem Verfahren. Nach der Flucht des Polen wurden eilig alle anderen Polen erschossen. Einem weiterer Polen namens Wawszczak, der beim Ausheben der Grube beschäftigt gewesen war, gelang ebenfalls die Flucht; auch er sagte als Zeuge aus. Insgesamt wurden mindestens 27 Polen und Juden erschossen. Der Angeklagte Friedrich Paulus war bei der Hinrichtung anwesend. Er trug durch seine Anwesenheit zur Aufrechterhaltung der Disziplin seiner Leute bei, die an der Exekution als Angehörige des Erschießungskommandos beteiligt waren. - Der Angeklagte wurde der Beihilfe zum Mord schuldig befunden, aber wegen Verjährung nicht verurteilt. - Bezüglich des Todesmarsches der Juden von Cholm nach Hrubrieszow (siehe dazu Hannover 2 Js 309/62), Erschießung eines Polen, Inbrandsetzung von Häusern und Tötung von Juden, Erschießung von Juden beim Einsatz beim Bug-Grabenbau, Tötung von Juden und Zigeunern im ZAL Belzec, Tötung von 8 Juden bei Räumung des kleinen Ghettos in Lublin am 03.05.1940 wurde das Verfahren eingestellt.
Vorsitzender Richter:Röhl, Dr. Dr. (23.04.71); Sarstedt, Prof. Dr.; Gerkan, Dr. von; Schmidt, Dr.
Staatsanwalt:Fründt, Dr.; Duhn (23.11.69); Westram, Dr.
Alte Aktenzeichen staatsanw. Ermittlungsverfahren:147 Js 1/68, früher 141 Js 1/68; aus Hamburg 141 Js 573/60 (Staatsanwaltschaft Hamburg).- Parallelverfahren: Darmstadt 2 Ks 2/54, Bremen 10a Js 24/58, Karlsruhe VI Ks 1/60, Bochum 16 Js 30/57, Lübeck 2 P Js 185/66.
Former reference codes:213-12_35
213-12_00035
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Angeklagte / Beklagte:Binner, Anton, geb. 22.02.1906, Landshut, Bataillonsführer des Selbstschutzes, SS-Sturmbannführer
Paulus, Friedrich, geb. 14.08.1906, Neunkirchen/Saar, Kompanieführer des Selbstschutzes, SS-Hauptsturmführer
Möbius, Hermann, geb. 15.07.1909, Weidenau, Zugführer des Selbstschutzes, SS-Unterscharführer
Streibel, Karl, geb. 11.10.1903, Neustadt/Oberschlesien, Adjutant Selbstschutzführer Alvensleben, SS-Hauptsturmführer
Fritzsche, Rudolf, geb. 21.01.1913, Leipzig, Führer 3. Kompanie Selbstschutz, SS-Hauptsturmführer
Globocnik, Odilo, geb. 21.04.1904, Triest, gest. 31.05.1945 bei Weißensee in Kärnten, SSPF Lublin, SS-Brigadeführer
Alvensleben, Ludolph von, geb. 09.08.1899, Wittenmoor/Kreis Stendal, geb. 28.08.1953 in Dortmund, Selbstschutzführer, SS-Standartenführer
Stemmler, Willi, geb. 02.12.1899, Weidach/Kreis Ellwangen, gest. 29.10.1948 in Landsberg am Lech, SS-Standartenführer
Dolp, Hermann, geb. 12.09.1899, Türkheim/Bayern, vermißt seit 1944, SS-Sturmbannführer
Schneider, Max, geb. 26.02.1901, Neiße, vermißt
Tiefenthal, Karl, geb. 01.01.1902, Wolzburg/Österreich, Führer 4. Kompanie Selbstschutz Lublin, SS-Hauptsturmführer
Reichwald, Adolf, geb. 01.09.1920, Micheldorf/Ludawa, Angeh. des Selbstschutz
Raebel, Paul, geb. 12.06.1906, Breslau, Angeh. des Selbstschutz, SS-Hauptsturmführer
Haussmann (oder: Hausberg), unbekannt, unbekannt, +, Angeh. des Selbstschutz
Ehrlinger, unbekannt, unbekannt, Angeh. des Selbstschutz, SS-Unterführer
Fischer, Leonhard, geb. 23.08.1912, Krazik, Angeh. des Selbstschutz
Grundinger, unbekannt, unbekannt, Angeh. des Selbstschutz, SS-Unterführer
Warzecha, Paul, geb. 25.03.1894, unbekannt, Angeh. des Selbstschutz, SS-Unterführer
Dilge, Otto, geb. 04.03.1918, Karmischow, Angeh. des Selbstschutz
Buchholz, Arthur, geb. 17.03.1921, Kultschin/Chelm, Angeh. des Selbstschutz
Dreger, Rudolf, geb. 02.07.1897, Wolka/Mieszyslowska/Kreis Lubartow, Angeh. des Selbstschutz
Grawan, Alfred, geb. 11.01.1922, Klein-Tauersee/Kreis Soldau/Ostpreußen, Angeh. des Selbstschutz
Neumann, Eduard, geb. 24.08.1922, Fiezeri/Polen, Angeh. des Selbstschutz
Reschke, Sigismund, geb. 05.12.1922, Josefow/Kreis Lukow, Angeh. des Selbstschutz
Sonnenberg, Gustav, geb. 11.05.1920, Josefow/Kreis Lukow/Polen, Angeh. des Selbstschutz
Jerke, Hermann, geb. 14.09.1920, Buer-Scholven/Westfalen, Angeh. des Selbstschutz
Tews, Gustav, geb. 04.12.1910, Josefow/Kreis Lukow, Angeh. des Selbstschutz
Tews, Reinhold, geb. 10.01.1909, Josefow/Kreis Lukow, Angeh. des Selbstschutz
Tews, Siegfried, geb. 25.06.1924, Josefow/Kreis Lukow, Angeh. des Selbstschutz
Zucknick, Leo, geb. 08.09.1921, Malinovka/Lublin, Angeh. des Selbstschutz
Date of birth:6/25/1924
 

Usage

End of term of protection:12/31/2014
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Accessibility:Öffentlich
 

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