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Administration history: | Das 1987 und 1988 von der Oberfinanzdirektion Hamburg übernommene Schriftgut betrifft fast ausschließlich gegen Juden gerichtete Maßnahmen und bildet die umfangreichste Aktenüberlieferung zur nationalsozialistischen Judenverfolgung in Hamburg. Infolge der Zusammenarbeit mit der Gestapo und anderen Stellen enthalten zahlreiche Akten empfangene Schreiben aus Bereichen, deren Akten über Juden vernichtet sind, und bieten punktuell eine Ersatzüberlieferung,
Die organisatorische Entwicklung der Devisenstelle lässt sich mangels entsprechender Unterlagen nur ansatzweise rekonstruieren. Ihre Gründung geht auf die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 1931 zurück. Nachdem der Zahlungsverkehr mit dem Ausland im Juli unter staatliche Aufsicht gestellt worden war, erließ der Reichspräsident am 1. August 1931 eine Notverordnung über die Devisenbewirtschaftung. Die Notverordnung übertrug den Landesfinanzämtern die Aufgabe, der Kapital- und Steuerflucht in das Ausland entgegenzuwirken. Im August 1931 wurde in Hamburg eine entsprechende Abteilung mit der Bezeichnung "Der Präsident des Landesfinanzamts Unterelbe als Stelle für die Devisenbewirtschaftung" eingerichtet. Aufgrund der 1934 erfolgten Umbenennung des Landesfinanzamts Unterelbe in "Landesfinanzamt Hamburg" änderte sich die Bezeichnung in "Der Präsident des Landesfinanzamts Hamburg, Devisenstelle". Infolge einer erneuten Umbenennung – an die Stelle von "Landesfinanzamt Hamburg" trat "Der Oberfinanzpräsident Hamburg"– lautete die Bezeichnung seit dem 1. April 1937 "Der Oberfinanzpräsident Hamburg, Devisenstelle".
Häufige organisatorische Veränderungen in der NS-Zeit - Sachgebiete wurden neu eingerichtet, zusammengelegt oder aufgelöst - führten in der Devisenstelle zu einer (heute nur lückenhaft rekonstruierbaren) inkonstanten Geschäftsverteilungspraxis und Registraturproblemen, auf die noch eingegangen wird. 1931 war die Devisenstelle in vier Sachgebiete gegliedert: - Kapitalverkehr - Warenverkehr - Prüfungsdienst und Kontingentierung - übrige Angelegenheiten, u. a. Schifffahrt, Spedition, Reiseverkehr, Versicherungen, Strafsachen
Soweit bisher festgestellt werden konnte, bestand das für Devisenstrafsachen zuständige Sachgebiet F/Str bereits 1932. Nach dem nationalsozialistischen Machtantritt bearbeiteten die Sachgebiete A (Firmen) und B (Personen) den Devisentransfer jüdischer Antragsteller. Die Funktion des Sachgebiets B übernahm (spätestens 1935) das Sachgebiet F. 1936 und 1937 bestanden in der Devisenstelle Sachgebiete mit den Kennbuchstaben A, B 1, B 2, C, D, E, E/Bu, F, F/Str, G 1, G 2, H. 1937 wurde das Sachgebiet A in A 1 und A 2 geteilt und die Sachgebiete L und T kamen hinzu. Im darauf folgenden Jahr wurde das Sachgebiet R eingerichtet; es befasste sich im Frühjahr 1938 mit dem Aufbau einer "zentralen Kartei der jüdischen Firmen und Personen". Anfang 1939 wurde die Devisenstelle in eine Genehmigungsabteilung und in eine Überwachungsabteilung gegliedert. Die Genehmigungsabteilung umfasste neun Sachgebiete für den Kapital- und Warenverkehr und zwei Sachgebiete für Aus- und Einwanderung. Die Sachgebiete trugen die Kennbuchstaben A 1, A 2, A 2/Sonderkonten, B 1, B 2, C, D, F, G, H, J, L. Für das Genehmigungsverfahren zur Auswanderung von Juden war weiterhin das Sachgebiet F zuständig. |
| Die Überwachungsabteilung, bezeichnet mit dem Kennbuchstaben U (auch: Ue), bestand aus drei Gruppen: Gruppe I Rechts- und Strafsachen, untergliedert in Sachgebiete, darunter das Sachgebiet R, von dem die berüchtigten Sicherungsanordnungen gegen Juden erlassen wurden.
Gruppe II Devisenprüfungen, mehrere Sachgebiete
Gruppe III Kontrolle über die Einhaltung von Auflagen der Devisenstelle, mehrere Sachgebiete
Ab 1. März 1939 war die Devisenstelle wie folgt gegliedert:
Genehmigungsabteilung (G) Sachgebiete A (vorher A 1) A 2, Sonderkonten B (vorher A 2) C (vorher B 2) D (vorher L) E (vorher J) F (wie zuvor), Genehmigungsverfahren zur Auswanderung G (vorher B 1) H (vorher C) J (vorher D) K (vorher G) L (vorher H)
Überwachungsabteilung (U, auch Ue) Gruppe I Strafsachen, Sicherungsanordnungen, Rechtsfragen, Auswertung der Devisenprüfungsberichte
Sachgebiete für Strafsachen: R (u. a. Ausbürgerungsverfahren) S T
Sachgebiet für Sicherungsanordnungen: U Gruppe II Devisenprüfungen (vorher E/Bu) Sachgebiete: V W X
Gruppe III Kontrollen, Statistiken Sachgebiete: Y Z
In direktem Zusammenhang mit der "Endlösung" stand die Funktion der Vermögensverwertungsstelle.
Am 22. Oktober 1941, drei Tage vor dem ersten Deportationstransport von Hamburger Juden, wurde das Finanzamt Hamburg-Dammtor mit der Verwertung ihres von der Gestapo zu beschlagnahmenden Eigentums beauftragt. Auch mit dem zweiten Deportationstransport (8. November 1941) war das Finanzamt zunächst noch befasst, obgleich der Reichsminister der Finanzen bereits am 4. November 1941 verfügt hatte, dass die Verwertung des Eigentums der deportierten Juden beim Oberfinanzpräsidenten selbst zu erfolgen habe. Entsprechend dieser Verfügung wurde am 10. November 1941 beim Oberfinanzpräsidenten, Abteilung Steuer, das Sachgebiet St III c, Verwertung eingezogenen Vermögens, eingerichtet und die Zuständigkeit des Finanzamts Hamburg-Dammtor aufgehoben. Das Sachgebiet St III c trug bis zum Herbst 1942 die Bezeichnung "Dienststelle für die Verwertung eingezogenen Vermögens" und wurde dann in "Vermögensverwertungsstelle" umbenannt. Nach der Auflösung des Sachgebiets St III c am 12. Dezember 1942 übernahm das beim Steuerfahndungsdienst angesiedelte Sachgebiet St I c die Verwertung des Eigentums der Deportierten. Am 1. Dezember 1943 wechselte die Zuständigkeit auf das Referat V 1 der Vermögensabteilung des Oberfinanzpräsidenten über. Im September 1944 wurde das Referat V 1 dem Leiter der Abteilung Zoll (Z) unterstellt. |
Archival history: | Gegenüber einer nur geringen Zahl von Sachakten beträgt der Anteil der Einzelfallakten rund 97%. Ein Aktenplan ist nicht vorhanden. Die simple Registraturform lässt vermuten, dass ein Aktenplan zumindest für den Großteil des erhaltenen Schriftguts gar nicht existent war. Die Sachakten bestehen in beträchtlichem Umfang aus Handakten der Sachgebietsleiter und wurden ebenso wie die Einzelfallakten offenbar dezentral in den Sachgebietsregistraturen verwaltet. Als Aktenzeichen dienten generell die Kennbuchstaben der Sachgebiete - bei alphabetischer - Ablage ohne Zusatz, bei chronologischer Ablage unter Hinzufügung einer laufenden Nummer. Eine Ausnahme bildete die Überwachungsabteilung (siehe Einzelfallakten, Devisenstelle, R); in ihr wurden "persönliche Aktenzeichen" der Sachbearbeiter vergeben (z. B. U 12-777/39; U = Kennbuchstabe des Sachgebiets, 12 = Kennziffer des Sachbearbeiters, 777 = Numerus currens, 39 = Jahr 1939).
Ein Problem für die damalige Sachbearbeitung (und für die heutige Aktenbenutzung) ergab sich aus den oben erwähnten häufigen Änderungen in der Geschäftsverteilung und daraus, dass Einzelfallakten nicht selten zur weiteren Bearbeitung an andere Sachgebiete überwiesen wurden und in ihren Registraturen verblieben. Bei der von einem bestimmten Sachverhalt ausgehenden Recherche ist deshalb die zutreffende Einzelfallaktenserie nicht immer vorher bestimmbar. Es empfiehlt sich deshalb grundsätzlich, alle Serien in Betracht zu ziehen.
Die Benutzung unterliegt den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes.
September 1993 Sielemann
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: 314-15 Oberfinanzpräsident (Devisenstelle und Vermögensverwertungsstelle), Nr. ... |
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