621-1/82 Alexander Bachur, 1938-1941 (Bestand)

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Title:Alexander Bachur
Laufzeit:1938-1941
Level:Bestand

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Administration history:Zur Geschichte der "jüdischen Rechtskonsulenten"

Bereits seit dem Jahre 1935 durften Bürger jüdischer Herkunft aufgrund einer Verordnung der "Deutschen Rechtsfront" nicht mehr von sogenannten "deutsch-arischblütigen" Rechtsanwälten vertreten werden. Nach der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27. September 1938 mußten nun auch alle bei deutschen Gerichten zugelassenen jüdischen Anwälte bis zum 30. November 1938 aus der Rechtsanwaltschaft ausscheiden. Damit wurde einer seit längerem geäußerten Forderung der "Reichsgruppe Rechtsanwälte des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes (NSRB)" entsprochen. Im Altreich waren davon 1.753 Anwälte betroffen; in Hamburg gab es zu diesem Zeitpunkt noch 67 vom Oberlandesgericht zugelassene jüdische Anwälte. Durch diese Verordnung waren schlagartig auch alle diejenigen jüdischen Anwälte betroffen, die bisher von den starken Repressalien durch ihre Tätigkeit z.B. als Patentanwalt oder ihre gesellschaftliche Stellung als angesehene Frontkämpfer des 1. Weltkriegs verschont geblieben waren. Jedoch konnten "jüdische Mischlinge", "Halbjuden" oder mit jüdischen Frauen verheiratete Anwälte häufig auch über den Stichtag 30.11.1938 in ihrem Beruf noch für längere Zeit tätig sein.
Die erwähnte 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz sah nun vor, dass zur Vertretung von Juden, jüdischstämmigen Bürgern und jüdischen Unternehmungen sogenannte "jüdische Konsulenten" nach Bedürfnis und auf Widerruf zuzulassen seien. Diese Konsulententätigkeit wurde zugleich auch als "soziale Maßnahme" deklariert, die nicht nur zugelassenen Konsulenten helfen sollte, sondern auch den anderen ausgeschiedenen Rechtsanwälten, die "im Falle der Würdigkeit und Bedürftigkeit einen widerruflichen Unterhaltsbeitrag" beantragen konnten. Die Konsulenten mussten zur Beschaffung der erforderlichen Geldmittel für die Unterstützung der o.g. ausgeschiedenen Anwälte von den von ihnen erhobenen Gebühren bis zu 70 Prozent an eine Ausgleichsfonds abliefern.

In Hamburg und anderen großen Städten des Deutschen Reichs begannen die Vorbereitungen zur Einführung dieser Konsulententätigkeit bereits Ende Juli 1938 auf Anweisung des Reichsministers der Justiz in Berlin. Durch eine umfassende Auswertung der Gerichtsregister kam das Oberlandesgericht zu dem Schlussm dass für die noch in Hamburg lebende jüdische Bevölkerung (Mitte 1938: 18.000 Bürger) mit 7 bis 8 Rechtskonsulenten für die 6 Amtsgerichtsbezirke und den Landgerichtsbezirk Hamburg eine ausreichende rechtliche Beratungsmöglichkeit sichergestellt sei.

Die Verhandlungen mit der Anwaltskammer führten als Vertreter der jüdischen Anwälte in Hamburg Dr. Manfred Zadik und Dr. E. Windmüller (letzterer hatte aufgrund seines Alters und seiner Vermögenshältnisse auf einen eigenen Antrag zur Zulassung als Konsulent verzichtet). Die Liste mit den von der Rechtsanwaltskammer vorgeschlagenen ehemaligen Anwälten und Ersatzmännern jüdischer Abstammung wurde beim Oberlandesgerichtspräsidenten eingereicht, wobei alle 19 Hamburger Antragsteller genauestens von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) überprüft wurden. Ferner erhielten sie eine Vorladung vom Landgerichtsrat Dr. Krohn zur Abwicklung erforderlicher Maßnahmen für den Fall ihrer Zulassung.
Der Oberlandesgericht Hamburg ließ am 31. Januar 1939 - nach einer zehn Tage zuvor erfolgten Ermächtigung des Reichsjustizministers - von den ingesamt 19 Angestelltern zunächst nur sieben als Konsulenten für den Landesbezirk Hamburg zu:

1. Dr. Edgar Fels, Alstertor 21,
2. Dr. Hugo Möller, Hamburg-Altona, Adolf-Hitler-Platz 1,
3. Dr. Herbert Samson, Große Theaterstr. 34,
4. Dr. Siegfried Urias, Jungfernstieg 24,
5. Dr. Rudolf Warburg, Ferdinandstr. 75,
6. Dr. Manfred Zadik, Rathausstr. 16,
7. Dr. Walter Wulff, Große Johannisstr. 3

Zur Versorgung der Niederlassungsort Bremen und Emden wurden im April 1939 noch zwei weitere Konsulenten zugelassen, nämlich Dr. Walter Schüler und Dr. Albert Holländer.
Dr. Manfred Zadik übernahm die Funktion des Verbindungsmanns zwischen Behörden und Konsulenten und führte auch alle weiteren Verhandlungen mit dem Oberlandesgericht. Nach der Auswanderung von Dr. Zadik nach Guatemala Ende Februar 1941 übernahm der erst im Jahre 1940 zugelassene Konsulent Dr. Ernst Kaufmann die Funktion des Verbindungsmannes.

Alle Konsulenten mussten in ihren Briefbögen, auf den Stempeln und auf ihrem Türschild in einer bestimmten Schriftgröße den ausdrücklichen Hinweis "zugelassen nur zur rechtlichen Beratung und Vertretung von Juden" führen. Sie hatten allerdings die Möglichkeot, wieder einen Fernsprechanschluss zu beantragen (der jüdischen Bürgern in der Regel nicht mehr erlaubt war) und einen "wissenschaftlichen Hilfsarbeiter" zu beschäftigen, wobei letzterer meist auch ein ehemaliger Rechtsanwalt war. Insgesamt konnte ihre Arbeit nur unter starken Einschränkungen und Repressionen stattfinden; die für die jüdische Bevölkerung erlassene Gesetze und Verordnungen galten auch - mit ganz wenigen Ausnahmen - für die Konsulenten. Dies bedeutete z.B., sich dem Zwang zu unterwerfen, ab 1. September 1941 im Gerichtssaal den Judenstern sichtbar am Anzug zu tragen.

Ab Ende 1940 verweigerte das Oberlandesgericht die Ernennung von Nachfolgern für ausgewanderte jüdischen Konsulenten mit der Begründung, es "besteht kein ausreichender Bedarf" mehr für eine größere Auswahl von Konsulenten. Die Tätigkeit der letzten verbleibenen Konsulenten endete in Hamburg - wie auch im gesamten Reichsgebiet - mit der Auflösung der "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" am 10. Juni 1943.
Zum Konsulenten Dr. Alexander Bachur

Dr. Alexander Georg Bachur wurde am 7. September 1883 in Hamburg geboren. Sein Antrag auf Zulassung als Rechtskonsulent wurde zunächst abgelehnt. Im September 1939 trat er jedoch die Nachhlage des ausgewanderten Dr. Wulff an und führte dessen Geschäfte in den Kanzleiräumen in der Schauenburgerstraße 14 weiter. Aus diesem Grund wurden einige Akten von Dr. Bachur bereits vor September 1939 begonnen.
Dr. Bachur wurde am 25. Oktober 1941 nach Litzmannstadt deportiert, wo er am 9. Oktober 1942 verstarb.
Archival history:Die Akten der deportierten oder ausgewanderten jüdischen Rechtskonsulenten wurden vom Oberlandesgericht eingezogen. Die im Jahre 1986 dem Staatsarchiv überlieferten waren durch unsachgemäße Lagerung stark in Mitleidenschaft gezogen und aus nicht mehr zu rekonstruierenden Gründen oft nicht vollständig. Für den Bestand Bachur wurden noch drei Akten am 19.02.1987 nachgeliefert.

Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Staatsarchiv Hamburg, 741-4, Nr. ...
Kommentierte Beständeübersicht:Jüdischer Rechtskonsulent;
enth. nur Klientenakten

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Access regulations:Benutzung nach HmbArchG. Keine weiteren Spezialvorschriften oder Genehmigungsvorbehalte.
Finding aids:Scope
Findbuch (Papier)
Signierung:Numerus currens

Information on related materials

Copies (existence, storage location):Der Bestand wurde 1997 verfilmt und ist unter folgenden Signaturen zu bestellen: 741-4 Fotoarchiv L 19
Related material:vgl. die Firmenarchive Siegfried Urias, Walter Wulff, Edgar Haas, Walter Schüler, Ernst Kaufmann sowie Oberlandesgericht Hamburg, Generalakten (Präsidialabteilung) 3712-1a (3)-(5) "Rechtliche Beratung und Vertretung der Juden" (1938-1941).
 

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