362-10/1 Hilfsschule Carsten-Rehder-Straße, 1898-2006 (Bestand)

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Ref. code:362-10/1
Title:Hilfsschule Carsten-Rehder-Straße
Laufzeit:1898-2006
Level:Bestand

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Running meters:5.00

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Administration history:1889 wurde auf Betreiben der städtischen Kollegien Altonas die „1. Hülfsschule“ gegründet. Erster Schulleiter war Gustav Kruse, der zusammen mit seiner Frau eine Klasse leitete. Ziel der Schule war es, „schwachbefähigte“ Jungen und Mädchen auf das Berufsleben vorzubereiten, die nicht selten aus sozial prekären Situationen stammten. Der Zuständigkeitsbereich umfasste ganz Altona. Aus der spezifischen Aufgabenstellung und der Reichweite des Einzugsgebiets ergab sich eine frühe Form der Koedukation von Jungen und Mädchen. Der Unterricht fokussierte Grundfächer wie Schreiben und Rechnen, aber auch hygienische Fürsorge. Dauerhaftes Kennzeichen der Schulstruktur war, dass die Schüler nicht direkt bei ihr gemeldet wurden, sondern erst nach erfolglosem Besuch einer regulären Schule an sie verwiesen wurden. Diesem Umstand ist geschuldet, dass Schulleitung und Kollegium ständig fachliche Fragen der Aufnahmeverfahren und Hilfs- bzw. Sonderschulbedürftigkeit erörterten, was sich auch im Bestand widerspiegelt.
Zunächst befand sich die Schule in der Wohlersallee, zog aber 1905 aufgrund des raschen Zuwachses in die Große Wilhelminenstraße. Bis 1912 hatte sie zwölf Klassen erreicht. 1925 erfolgte der Umzug in die Räumlichkeiten der Zweiten Knabenvolksschule in der Hafenstraße 30. In der Zeit des Nationalsozialismus begann auch die Gleichschaltung der Hilfsschule im Sinne der NS-Bildungsideale. Dies bedeutete vorrangig für die Hilfsschülerschaft eine Teilung in „Schwachsinnige“ und Kinder, die noch als Teil der „Volksgemeinschaft“ angesehen wurden. Die Hilfsschule folgte so dem Ziel der NS-Verwaltung, die Volksschule von vermeintlich minderwertigen Schülern zu entlasten und den „bildungsfähigen“ Teil der Hilfsschülerschaft ökonomisch und militärisch verwertbar zu machen. Es folgte zudem eine intensive Einbindung der Schüler in außerschulische NS-Aktivitäten wie etwa das Sammeln von Spenden für das Winterhilfswerk. Mit der Eingliederung Altonas in die Hansestadt Hamburg fiel die Hilfsschule unter die Aufsicht der hamburgischen Schulverwaltung. Von August 1943 bis August 1945 ruhte der Schulbetrieb gänzlich. Zwischenzeitlich fungierte das Schulgebäude als Wohnheim der HJ. In der unmittelbaren Nachkriegszeit war die Schule dem Schulkreis 2a zugeordnet. 1957 erhielt sie mit der Umbenennung der Hafenstraße den Namen „Schule Carsten-Rehder-Straße“. 1965 folgte die Übernahme einiger Räumlichkeiten der Volksschule Struenseestraße 20. Gleichzeitig wurde sie dem Schulkreis 20 zugeordnet. 1966 wurde eine Vorschulklasse als Schulkindergarten eingerichtet. 1968 zog die Schule in das Gebäude der aufzulösenden benachbarten Volksschule Carsten-Rehder-Straße (ehemals VS Lucienstraße), wodurch sie den Namen „Schule Carsten-Rehder-Straße 34“ erhielt. Probleme bereitete insbesondere der Raummangel, da das Einzugsgebiet der Schule weiterhin ganz Altona und auch Finkenwerder umfasste. Daher waren die 1970er Jahre von Bestrebungen der Schulleitung geprägt, einen Neubau des baufälligen Schulgebäudes zu erreichen. Insbesondere mangelte es an Sportstätten. 1970 erhielt die Schule auch die im Bundesgebiet einheitliche Bezeichnung „Sonderschule für Lernbehinderte“. Dem vorausgegangen war eine jahrelange Diskussion darüber, ob der Begriff „Hilfsschule“ zu negativ konnotiert sei. Insbesondere Elternvertreter drängten auf eine Umbenennung.
Zeitgleich fand in der Schulbehörde mit der Änderung des Aktenplans eine Neueinteilung der Schulkreise statt, die Schule Carsten-Rehder-Straße wurde dem Schulkreis 322/03 zugewiesen. 1980 erfolgte dann ein Neubau, welcher am Elbhang oberhalb des Fischmarkts gelegen war, auch bekam die Schule eine eigene Turnhalle. Die Schulleitung unterhielt dabei stets eine enge Verbindung zur Bezirksversammlung Altona. Ende der 1970er Jahre gewann das Thema Integration an Bedeutung, da mithin die Hälfte der Schülerschaft einen migrantischen Hintergrund aufwies. Dies führte auch zu Bestrebungen, das Kollegium diverser zu gestalten. 1986 wurden alle Hamburger „Sonderschulen für Lernbehinderte“ in „Förderschulen“ umbenannt. 1989 feierte die größe Hamburger Förderschule ihr 100. Jubiläum.
2012 wurde die Schule Carsten-Rehder-Straße, wie alle anderen Förder- und Sprachheilschulen Hamburgs, in den schulischen Zweig des entsprechenden Regionalen Bildungs- und Beratungszentrums Altona integriert.

Rektoren der Schule:
Gustav Kruse (1889-1919)
Johannes-Peter Hansen (1919-1922)
Hans-Peter Hansen (1922-1932)
Ernst Möller (1932-1954)
Bernhard Kulich (bis 1985).
Rolf Scharmacher (1985-2004).
Doris De Feyter
Archival history:1963 erfolgte eine erste Anbietung von Geschäftsakten der Schulverwaltung bis 1945. Aus dieser Ablieferung bildete sich der erste Teil des Bestandes mit den Signaturen 362-10/1, Nr. 1-15. Kassiert wurde vor allem Verwaltungsschriftgut, welches keinen speziell die Schule betreffenden historischen Wert hatte. Grundsätzlich wurde aus allen Bereichen der schulischen Registratur ein thematischer Querschnitt übernommen. Ein entsprechender Aktenplan ist in 362-10/1, Nr. 58 enthalten.
Eine zweite Anbietung erfolgte 1994. Von insgesamt 30 lfd. Metern Aktenmaterial wurden ca. drei Meter übernommen. Zeitlich erstreckt sich der Inhalt auf wenige Unterlagen aus der NS-Zeit und vor allem die 1960er und 1970er Jahre. Die dritte und letzte Ablieferung wurde 2001 durchgeführt. Von 50 Metern Unterlagen wurden ca. zwei übernommen, vor allem Konferenzprotokolle und Schülerbögen.

Den inhaltlichen Schwerpunkt bildet die Überlieferung der Schulleitung. Diese umfasst Schriftgut aus unterschiedlichsten Kontexten, etwa Korrespondenzen mit Eltern und Behörden, aber auch von der Schule geführte Chroniken und Personalakten. Besonders hervorzuheben sind die zwar wenigen, aber dennoch aussagekräftigen Rundschreiben und Dienstanweisungen aus der NS-Zeit, welche die Einbindung der Schule in das nationalsozialistische Propagandaregime widerspiegeln.
Ebenso von besonderem Wert sind Unterlagen aus den 1980er Jahren, in welchen sich die damalige Integrationsdebatte nachverfolgen lässt, insbesondere anhand des Verhältnisses von Schulleitung und Lehrkräften zu türkischstämmigen Schülern und ihren Eltern.

Einzelne Archivguteinheiten unterliegen noch den archivgesetzlichen Schutzfristen. Wenn Sie eine solche Archivguteinheit einsehen möchten, stellen Sie bitte einen schriftlichen Antrag auf Schutzfristverkürzung. Die Entscheidung des Staatsarchivs über den Antrag wird Ihnen schriftlich mitgeteilt.
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Staatsarchiv Hamburg, 362-10/1 Hilfsschule Carsten-Rehder-Straße, Nr. ...

Christian Möller, 2020
Kommentierte Beständeübersicht:siehe Beständegliederung: Sonderschulen

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361-3_ Schulwesen – Personalakten
424-4 Personalakten Altona
Publications:Ellger-Rüttgardt, Sieglind: Hilfsschüler als Gegenstand pädagogischer Beurteilungspraxis, in: „Die Fahne hoch“. Schulpolitik und Schulalltag in Hamburg unterm Hakenkreuz, hrsg. von Reiner Lehberger und Hans-Peter de Lorent, Hamburg 1986, S. 219-235.

Ellger-Rüttgardt, Sieglind: Die Hilfsschule im Nationalsozialismus und ihre Erforschung durch die Behindertenpädagogik, in: Pädagogen und Pädagogik im Nationalsozialismus. Ein unerledigtes Problem der Erziehungswissenschaft, hrsg. von Wolfgang Keim, 2. Aufl., Frankfurt a. M 1990, S. 129-147 (=Studien zur Bildungsreform, 16).

Kulich, Bernhard: Die Schule für Lernbehinderte, in: Hamburger Sonderschulen stellen sich vor, Broschüre hrsg. von der Behörde für Schule und Berufsbildung, Hamburg 1986, S. 24-26.

Lehberger, Reiner; de Lorent, Hans-Peter: Schulen in Hamburg. Ein Führer durch Aufbau und Geschichte des Hamburger Schulwesens, Hamburg 2012.

Schmidt, Uwe: Nationalsozialistische Schulverwaltung in Hamburg. Vier Führungspersonen, Hamburg University Press, Hamburg 2008 (= Hamburger Historische Forschungen 2).
 

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