213-12__ Bischoff, Helmut Hermann Wilhelm, u.a., wegen der Anordnung zur Erhängung von mindestens 26 jüdischen Häftlingen in des ZAL Sebarzedz, Posen-Stadion, Kopylempol und Schlesingen zwischen Sommer 1940 und Herbst 1941 als Leiter der Gestapostelle Posen (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 21/75

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Ref. code:213-12__
Title:Bischoff, Helmut Hermann Wilhelm, u.a., wegen der Anordnung zur Erhängung von mindestens 26 jüdischen Häftlingen in des ZAL Sebarzedz, Posen-Stadion, Kopylempol und Schlesingen zwischen Sommer 1940 und Herbst 1941 als Leiter der Gestapostelle Posen (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 21/75)
Laufzeit:(1940-1941) 1975-1980
Contains also:Enthält u.a.: Umfang/Inhalt: 12 Bde. Hauptakten (1187 Bl.), 3 Bde. Handakten (ca. 600 Bl.).- Straftatbestand: Die Anklageschrift warf dem Beschuldigten Helmut Hermann Wilhelm Bischoff vor, von Sommer 1940 bis Herbst 1941 in mindestens fünf Fällen die Tötung von mindestens 26 Juden, die Häftlinge in Zwangsarbeitslagern in Posen und Umgebung waren, anordnete. Die Juden waren allein aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit inhaftiert und wurden wegen Fluchtversuchs oder Nahrungsmitteldiebstahls grausam hingerichtet, indem sie in Gruppen nacheinander erhängt wurden, wobei die Erhängung durch in die Höheziehen vollzogen wurde bzw. durch Wegstoßen eines Stuhles unter ihren Füßen, wobei sie in beiden Fällen langsam und qualvoll erdrosselt wurden.
Nach dem Beginn der deutschen Besetzung waren die Juden sofort Repressionen ausgesetzt. Arbeitsfähige Juden wurden in Zwangsarbeitslager gesperrt, 1942 waren im Bereich Posen etwa 20.000 Juden inhaftiert. Im Regierungsbezirk Posen war das Hauptlager Posen-Stadion, daneben bestanden zahlreiche Außenlager, von denen die größten Steineck, Fürstenfeld, Eichenwald, Gutenbrunn, Kreising, Schlesingen, Malta und Neckla waren. In sicherheitspolizeilicher Hinsicht war die Gestapo Posen für die Lager zuständig. Die Lebensverhältnisse in den ZAL für Juden waren äußerst schlecht. Juden durften keine Nahrungsmittel von außen erhalten und durften sich keine Lebensmittel kaufen. Die unzureichende Ernährung im Lager sowie die erschöpfende Arbeit, Mißhandlungen und unzureichende Bekleidung führten zum Tod vieler Häftlinge. Kranker Häftlinge entledigte sich die Lagerleitung durch Selektion, indem der Lagerarzt die arbeitsunfähigen Häftlinge aussuchte. Sie wurden entweder im Wald von Kazimierz erschossen oder in Auschwitz oder Kulmhof vergast. Juden, die nach einem Fluchtversuch wieder ergriffen wurden oder die Lebensmittel gestohlen hatten, wurden der sog. Sonderbehandlung durch die Gestapoleitstelle unterzogen. Die Juden wurden der Gestapo übergeben, die die Opfer schwer mißhandelte. Viele der Opfer wiesen Spuren schwerster Mißhandlungen und Bißspuren von Hunden auf, als sie hingerichtet wurden. Wegen der geringen Fallhöhe wurden sie bei der Hinrichtung erdrosselt. Die Vollstreckung der Hinrichtung wurde oft anderen Juden auferlegt; in einem Fall mußte ein Vater seinen eigenen Sohn erhängen. Bei den Erhängungen mußten alle Juden, teils auch aus umliegenden Lagern, antreten und wurden nach der Erhängung unter den Galgen herumgetrieben. Zu den Opfern zählten Männer und Frauen; auch zwei Kinder im Alter von 12 und 13 Jahren wurden erhängt. Vor der Erhängung erfolgte eine Ansprache des Leiters der Gestapo oder eines von ihm Beauftragten. 1943 wurden die Lager aufgelöst; im Lager Posen-Stadtion lebten von 750 Juden noch 50 - 60; von den zeitweise 20.000 inhaftierten Juden aller Posener Lager waren noch 3000 am Leben, die in KZs und Vernichtungslager gebracht wurden.
Im einzelnen soll der Angeklagte folgende Verbrechen begangen haben:
1. Erhängung von fünf unbekannten Juden im Sommer 1940 im ZAL Swarzedz wegen Flucht aus dem Lager bzw. Betteln um Nahrung.
2. Erhängung von drei Juden, darunter ein 13-Jahre altes Kind im Sommer 1941 im Lager Posen-Stadion wegen Fluchtversuchs bzw. Nahrungsmitteldiebstahls.
3. Erhängung von 7 teils namentlich bekannten Juden aus dem Lager Remo im August/Sepember 1941 im Lager Posen-Stadion. Die Opfer waren bereits mit Spuren brutaler Mißhandlungen von der Gestapo zur Hinrichtung gebracht worden.
4. Erhängung von acht unbekannten Juden im September 1941 im Lager Kobylempolu wegen Nahrungsmitteldiebstahls.
5. Erhängung dreier unbekannter Juden am 04.09.1941 im Lager Schlesingen. Dazu lag ein Schreiben der Sipo- und SD-Außenstelle Lissa vom 15.09.1941 an die Umwandererzentralstelle Posen vor: "Lissa. Aus den Arbeitslagern der Juden waren vor einiger Zeit 3 Juden geflohen und wurden aber in Kosten bereits aufgegriffen. Diese 3 Juden wurden am 04.09.1941 in Schlesingen vor den Augen der gesamten Juden und einer großen Anzahl Polen aufgehängt. Das ausführende Organ war die Geheime Staatspolizei unter dem Vorsitz des Leiters von Posen, SS-Sturmbannführer [Name], welcher persönlich das Urteil verlas. Ich wurde zu diesem Schauspiel offiziell eingeladen und war auch anwesend. Diese Maßnahme hatte sich sehr schnell unter der polnischen sowie unter der deutschen Bevölkerung des Kreises herumgesprochen, und es waren außer den geladenen Leuten eine ganze Anzahl Neugieriger erschienen." - Der Angeklagte verweigerte jede Aussage mit Hinweis auf Verhandlungs- und Vernehmungsunfähigkeit.
Die Tötungen waren Mord, da sie grausam und aus niedrigen Beweggründen (Rassenhaß) begangen wurden. Die Inszenierung der Hinrichtungen (mit Zuschauern und mit Herumtreiben der anwesenden Juden um den Galgen) belegt zudem das Motiv der Mordlust.
Die Hauptverhandlung wurde nicht eröffnet, weil aufgrund medizinischer Gutachten das Gericht befürchtete, der Angeklagte würde einen dritten Schlaganfall oder Herzinfarkt erleiden.
Vorsitzender Richter:Wagner, Dr. (19.07.1976); Schmidt, Dr. (29.11.1978)
Staatsanwalt:Nachtigall-Marten
Alte Aktenzeichen staatsanw. Ermittlungsverfahren:Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 21/75.
Former reference codes:213-12_0594
Angeklagte / Beklagte:Bischoff, Helmut Hermann Wilhelm, geb. am 01.03.1908 in Glogau/Schlesien, Leiter Stapostelle Posen, SS-Sturmbannführer; Regierungsrat (Tatzeit)
Trenker, Alfred, Dr. iur, geb. am 02.07.1905 in Zattig/Sudetenland, Angeh. Stapoleitstelle Posen
Vogel, Albert Lorenz, geb. am 10.05.1909 in Fürth, SS-Oberscharführer
Date of birth:5/10/1909
 

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End of term of protection:12/31/2010
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