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213-12__ Rach, Johann, u.a., wegen Misshandlung und Tötung von Polen im NL Potulitz (poln. Potulice = Lebrechtsdorf) 1943 (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 22/75), 1943-1981 (Serie)
Ref. code: | 213-12__ |
Title: | Rach, Johann, u.a., wegen Misshandlung und Tötung von Polen im NL Potulitz (poln. Potulice = Lebrechtsdorf) 1943 (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 22/75) |
Laufzeit: | (1943) 1975-1981 |
Contains also: | Enthält u.a.: Umfang/Inhalt: 11 Bde. Hauptakten 1762 Bl., 3 Bde. Handakten 495 Bl.; Nebenakten (Broschüre Potulice; Karten; Lichtbildmappe mit Fotos aus Potulice; Dubletten von Vernehmungsprotokollen; Auszüge aus Bonn 8 Js 52/60; Kostenmappe; Berichtsheft.- Straftatbestand: |
| Hitler und Himmler (als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums) leiteten ab 1939 eine Siedlungspolitik in den eroberten Ostgebieten ein, die zur Massendeportation von Juden und Polen führte. Für die Ausführung zuständig war zunächst der SS-Brigadeführer Streckenbach, bald darauf aber das RSHA. Im RSHA war die Sipo zuständig. Sonderreferent für die sicherheitspolitischen Aspekte der Räumungen war ab Dezember 1939 der Judenreferent im Amt IV, SS-Hauptsturmführe Eichmann (IV D 4). Von der Abschiebung aus dem Reichsgau Danzig waren 400.000 Juden und Polen betroffen, die im Distrikt Warschau Ansiedlung finden sollten. Zur Durchführung der Evakuierung entstand eine sog. Umwandererzentralstelle (UWZ) mit Sitz in Gotenhafen, deren Aufgabe in Evakuierung nichtdeutscher Personen bestand. Es entstanden drei Sammellager, die der Evakuierung dienen sollten: Thorn, Schoß Potulitz und Dirschau. Außerdem gab es eine Außenstelle Potulitz des SD. SS-Prüfer des Rasse- und Siedlungshauptamts (RuSH-SS) untersuchten die Polen auf ihre mögliche Eindeutschungsfähigkeit. Diese sog. rassisch wertvollen Polen kamen zur Außenstelle Litzmannstadt (Lodz) des RuSH-SS zur weiteren Prüfung. Die anderen wurden ins GG deportiert, wo sich Generalgouverneur Frank gegen die Überfüllung des GG mit Polen und Juden zu wehren versuchte. Die Ausweisungen dauerten - in verringertem Umfang - an. Die Polen wurden in späteren Kriegsjahren auch in provisorischen Arbeitslagern interniert. Die UWZ-Lager gehörten ursprünglich zum Zivilgefangenenlager Stutthof (eingerichtet ab August und September 1939 für Asoziale und polit. Unzuverlässige Polen). Ende 1941/Anfang 1942 wurde Stutthof Teil des KZ-Systems. Der Kommandant der UWZ-Lager, Max Pauly, wurde KZ-Kommandant von Stutthof. - Potulitz wurde am 4. Februar 1941 eröffnet, die evakuierten Menschen wurden in Schloss und Werkstätten untergebracht. Bis zum 15.03.1941 wurden insgesamt 3501 Polen durch das Lager geschleust, wobei die meisten ins GG, vor allem in den Ort Piaseczno, abgeschoben wurden. Die anderen kamen ins Feinausleselager nach Lodz zwecks Überprüfung auf Eindeutschung. Ab dem 24. Mai 1941 kamen wieder Transporte nach Potulitz, bis Ende Juli 1941 war es die Durchgangsstation für 1293 weitere Personen gewesen. Ende September 1941 wurde der Ausbau des Lagers festgelegt, der bis Herbst 1942 dauerte. Die Zahl der Insassen wuchs (1942: 2236 Insassen; 1. Januar 1943: 6750; 1. August 1944: 7024; 3. Dezember 1944: 5314). In Werkstätten entstanden Handwerksbetriebe der Firma Hansen, Flugzeuggerätebau Schneidemühl sowie der Danziger Pelzverarbeitungsfirma Schultz & Co. In der Pelzverarbeitungsfirma Schultz waren Juden tätig; außerdem gab es zwei Jüdinnen in der Lagerverwaltung als Schreibkräfte; ansonsten gab es keine Juden im Lager. Mitte 1944 wurden alle Juden (insgesamt zwischen 30 und 40 Personen, die im Schloss untergebracht gewesen waren) abgeholt und nach Nakel gebracht. Sie wurden vermutlich nach Lublin gebracht, was dann mit ihnen geschah, ist unbekannt. Eine hohe Anzahl von Kindern (u.a. Kinder sowjet. Partisanen) befanden sich im Lager. Die Bewachung erfolgte durch Angehörige einer Wachkompanie des KZ Stutthof. Am 20. Januar 1945 wurde das Lager aufgelöst; die marschfähigen Insassen gingen Richtung Nakel und Schneidemühl; die im Lager zurückgebliebenen marschunfähigen Personen (Alte, Kranke, Kinder) wurden am 21. Januar 1945 befreit. - Tötungshandlungen: 1. Tötung eines Polen und seines Sohnes Ende April 1941, weil der Vater um Kaffee für den Sohn gebeten hatte. 2. Tötung eines Lehrers aus Wyrzysk Ende April 1941 durch einen SS-Mann. 3. Erschießen eines Häftlings durch einen SS-Mann im November 1941, da dieser das Lager ohne Erlaubnis verlassen hatte - zu dem Zeitpunkt war das Lager noch nicht umzäunt. 4. Schuss auf den Häftling Blicharz am 4. Dezember 1942 durch den Beschuldigten zu 13); Blicharz starb nach einigen Tagen. |
| 5. Erschießen der Häftlinge Tadeusz Siuda und Jozef Kubacki am 27.12.1941 auf der Flucht. Sie hatten sich Lebensmittel beschaffen wollen und wurden bei der Rückkehr ins Lager entdeckt. 6. Erschießen von zwei Häftlngen, die im Wald Bäume fällten, durch einen der Brüder R. unter den Beschuldigten. 7. Zu Tode Prügeln eines polnischen Jungen zwischen Herbst 1941 und Frühjahr 1944 durch den Beschuldigten zu 3). 8. Erschlagen eines Häftlings 1942 oder 1943 durch einen SS-Mann. 9. Zu Tode treten eines 16-jährigen polnischen Jungen durch den Lagerführer und SS-Leute im ersten Halbjahr 1942. 10. Zwischen Sommer 1942 und Kriegsende trat der Beschuldigte zu 11) einen 16-jährigen Jungen zu Tode. 11. Ein Wachmann erschoß einen Polen an einer Kartoffelmiete im Winter 1942/1943. 12. Ein Wachmann mit Spitznamen Max übergoß im Winter 1942/1943 eine Lagerinsassin namens Piekarska mehrfach mit kaltem Wasser; sie verstarb wenig später. 13. Ein Wachmann erschoß einen Polen im Jahr 1942 auf der Flucht. 14. Jakub Markowski und ein anderer Häftling wurden am 11.01.1943 mit Stockhieben erschlagen. 15. Am 03.02.1943 prügelten SS-Männer den Polen Fabian Lesnikowski im Bunker zu Tode. Einer der Täter war ein Kavallerist. Lesnikowski war zu einem Begräbnis beurlaubt worden und hatte einen Brief unzensiert ins Lager zu schmuggeln versucht. 16. Erschlagen des Häftlings Nowak am 19.02.1943 nach einem Fluchtversuch. 17. Verhungernlassen eines geisteskranken und an Syphilis leidenden Polen im Jahr 1943. 18. Tod von Kindern infolge von Erkältungen, nachdem sie von dem Beschuldigten zu 10) und dem Beschuldigten zu 3) für lautes Verhaltesn in den Feuerlöschteich im Lager getaucht worden waren. 19. Erschlagen eines Polen im Bunker im Herbst 1943. 20. Erschießen eines polnischen Seemanns im Lager im Herbst 1943 oder 1944, da dieser zu langsam gearbeitet hatte. 21. Ertränken von Kindern durch betrunkene Wachleute, darunter der Beschuldigte zu 11), im Löschteich, wobei 6 Kinder starben (Ende 1943 oder Anfang 1944). 22. Erschlagen des Häftlings Franciszek Wenderlich durch die Beschuldigten Charlotte Johanna Lydia Jeworrek und dem Beschuldigte zu 11) im Jahr 1943. 23. Erschießen eines Häftlings, der Vater von 12 Kindern war, durch einen Wachmann im Jahr 1943. 24. Ermordung des Häftlings Szakowski oder Flisakowski im Bunker 1943. 25. Erschießen eines Häftlings und dessen Sohnes im Jahr 1943 oder 1944 durch den Beschuldigten zu 11), weil diese das Lager ohne Erlaubnis verlassen hatten, um sich Brot in Jozefino zu holen. 26. Erschlagen eines 20-jährigen Mannes von Wachmännern 1943 oder 1944. 27. Erschießen eines Polen, weil dieser zu langsam einem Kommando nachkam, im Jahr 1943 oder 1944 durch einen unbekannten Wachmann. 28. Schießen auf einige Häftlinge am 04.01.1944, wobei einer so schwer verletzt wurde, daß er starb. Täter war der Beschuldigte zu 6). 29. Tod des Marian Kaminski im Bunker am 25.01.1944, der systematisch verprügelt und ausgehungert worden war. 30. Ertränken von drei Kindern im Bromberg-Kanal im Frühjahr 1944 durch unbekannte Deutsche. 31. Schießen auf eine Gruppe von Häftlingen im Frühjahr 1944 durch einen ukrainischen Wachposten. 32. Erschlagen eines Häftlings, der Zeuge Jehova war und dam Samstag nicht arbeiten wollte, im Außenkommando Golub im September oder Oktober 1944 durch den Beschuldigten zu 11). 33. Schüsse auf einen Insassen, der einen im Bunker eingesperrten Häftling Lebensmittel brachte, im November 1944. 34. Erschießen eines Häftlings im Jahr 1944, der zu langsam Schnee geräumt hatte. 35. Verhungernlassen des Bunkerhäftlings Kakolewski wegen Lebensmitteldiebstahls 1944. 36. Angehörige der deutschen Wachmannschaften erschossen im Januar 1945 21 Kinder aus dem Lager Potulice. 37. Erschießen von 15 polnischen Jungen eines Arbeitskommandos Anfang 1945. 38. Erschießen polnischer Häftlinge Anfang 1945, die bei Schanzarbeiten bei Golub eingesetzt waren. |
| 39. Erschießen eines Polen durch den Beschuldigten zu 11), da der Pole nicht schnell genug gelaufen war. 40 Erschießen eines Polen wegen eines Fluchtversuchs. 41. Schießen auf Gefangene, die ihre Mützen holen sollten. 42. Erschlagen zweier Häftlinge durch den Blockführer und Beschuldigten zu 7). 43. Erschlagen eines Polen im Bunker. 44. Töten von 8 Häftlingen während der Flucht. Außerdem fanden Abtransporte statt: 1. Der Beschuldigte zu 10) wählte zusammen mit der deutschen Oberschwester im Sommer oder Herbst 1943 60 bis 80 kranke Häftlinge aus. Sie wurden nach Majdanek zur Vernichtung überstellt. 2. Im Oktober 1943 wurden 35 arbeitsuntaugliche Häftlinge selektiert und abtransportiert, sie wurden in Auschwitz getötet oder kamen dort um. 3. Weitere 50 kranke Häftlinge wurden 1943 abtransportiert. 4. 1943 oder 1944 wurde ein Transport mit Kindern, Kranken, Alten und Behinderten zusammengestellt, die sämtlich in der Lagerkartei als verstorben bezeichnet wurden. Den Angehörigen wurde mitgeteilt, sie seien bei einem Verkehrsunfall verstorben. 5. Am 05.11.1943 kamen 542 Kinder russischer Partisanen aus der Ukraine in Potulice an. Sie waren an Flecktyphus erkrankt. Im August 1944 waren noch 503 Kinder im Lager, die ins Jugendlager nach Lodz verlegt wurden. Dem Beschuldigten Johann Rach war lediglich eine Körperverletzung zur Last gelegt worden, da er einen Polen, weil dieser ihm zu langsam gearbeitet hatte, mit der Hand ins Gesicht schlug. Verjährung eingetreten. - (Die Angaben zu den Beschuldigten beziehen sich auf die Beschuldigten aus dem Verfahren 147 Js 27/65, siehe Bestellsignatur 0001). Dem Beschuldigten Rach des vorliegenden Restverfahrens wurde die Tötung des Fabian Lesnikowski vorgeworfen sowie das Prügeln eines Polen, so daß dieser an den Folgen verstarb. Ein Beweis ist nicht zu führen. - Die Beschuldigte Jeworrek bestritt die Teilnahme an Selektionen und Abtransport von Kranken. Kenntnis des Zwecks der Selektionen, wenn sie ihr nachgewiesen könnten, nicht nachweisbar. Der unbekannte Beschuldigte (Lagerführer von Pila) soll einen Polen zu Tode getreten haben. Außer einer Zeugenaussage liegen keine Beweismittel vor, der Lagerführer konnte nicht ermittelt werden. Dem anderen unbekannten Beschuldigten wurde ebenfalls die Tötung des Fabian Lesnikowski zur Last gelegt. Möglicherweise ist er mit dem Beschuldigten Rach identisch. Er konnte nicht ermittelt werden. Die einzige ihn belastende Aussage würde für eine Überführung nicht ausreichen. |
Staatsanwalt: | Dr. Kuhlbrodt; Rebsdat; Duhn |
Alte Aktenzeichen staatsanw. Ermittlungsverfahren: | Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 22/75, früher Hamburg 147 Js 27/65; früher Aurich 2 Js 1069/75. |
Former reference codes: | 213-12_0411 |
Angeklagte / Beklagte: | Rach, Johann, Angeh. Wachmannschaft AL Potulitz |
| Jeworrek, Charlotte Johanna Lydia, geb. am 12.01.1912 in Graudenz, Vorgesetzte aller Krankenschwestern |
| Unbekannt, Lagerführer von Pila (Schneidemühl) |
| Unbekannt |
Date of birth: | 1/12/1912 |
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Usage |
End of term of protection: | 12/31/2011 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | Uneingeschränkt |
Accessibility: | Öffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://recherche.staatsarchiv.hamburg.de/ScopeQuery5.2/detail.aspx?Id=1361095 |
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