213-12__ Wendt, Hans Fritz Georg, Dr.iur., wegen der Verurteilung eines Holländers zum Tode wegen geringfügiger Vergehen (Streik) in Groningen im Mai 1943 als Vorsitzender eines SS-Standgerichts (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 7/65), 1943-1968 (Serie)

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Title:Wendt, Hans Fritz Georg, Dr.iur., wegen der Verurteilung eines Holländers zum Tode wegen geringfügiger Vergehen (Streik) in Groningen im Mai 1943 als Vorsitzender eines SS-Standgerichts (Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 7/65)
Laufzeit:(1943) 1965-1968
Contains also:Enthält u.a.: Umfang/Inhalt: Hauptakte (236 Bl.); Handakte (52 Bl.).- Straftatbestand: Der Beschuldigte war seit 1940 SS-Hilfsrichter am SS- und Polizeigericht Hamburg, ab 03.06.1941 war er beim SS- und Polizeigericht Den Haag eingesetzt. Der Reichskommissar Seyss-Inquart hatte am 01.05.1943 aufgrund andauernder Streiks und Demonstrationen gegen die deutsche Besatzungsmacht den Ausnahmezustand über die Niederlande verhängt. Die Proteste waren ausgelöst durch die Ankündigung des Wehrmachtsbefehlshabers in den Niederlanden, daß aufgrund der feindlichen Haltung der Niederländer gegenüber den Deutschen die freigelassenen niederländischen Kriegsgefangenen wieder in die Gefangenschaft zurückzukehren hätten. Hintergrund war aber nicht der Widerstand der Niederländer, sondern die vom Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Gauleiter Sauckel, angekündigte Zwangsmobilisierung von ausländischen Arbeitskräften für die deutsche Wirtschaft. Auch die Re-Inhaftierung der niederländischen Kriegsgefangenen würde der deutschen Kriegswirtschaft dienen. Die Streiks erfaßte viele Betriebe, in ländlichen Gebieten auch die Milchablieferung. In der Besonderen Anordnung des Reichskommissars vom 01.05.1943 wurden Zusammenrottungen, Streiks, Waffenbesitz, Flugblattherstellung, -vertrieb und -besitz und Widerstand gegen die Staatsgewalt unter Todesstrafe gestellt.
Der Beschuldigte war Vorsitzender des Polizeistandgerichts Groningen, dessen Gerichtsbezirk die Provinzen Groningen, Friesland und Drenthe waren. Vom 01. bis 03.05.1943 tagte es in Groningen, am 04.05.1943 in Leeuwarden, Friesland. Es wurden folgende Todesurteile ausgesprochen: 1. Jochum van Zwol, geb. 16.04.1923, wegen Waffenbesitzes (Schlagring); 2. Atte Farer, geb. 18.02.1895, und Albert Harkema, geb. 29.09.1886, wegen Verweigerung der Milchlieferung; 3. Berend Trip, geb. 02.11.1917, wegen Aufforderung zum passiven Widerstand; 4. Broer de Witt, geb. 07.07.1923 wegen Wegschüttens von Milch; 5. Harm Bakker, geb. 13.02.1917 wegen Wegschüttens von Milch; 6. Luebbert Dijk, geb. 23.07.1896 wegen Verweigerung der Milchablieferung; 7. Jacob Dijk, geb. 18.01.1904 wegen Verweigerung der Milchablieferung. 8. Jan Postema, geb. 05.05.1898 wegen Verweigerung der Milchablieferung. 9. Riwold Terpstra, geb. 31.03.1914 wegen Wegschüttens von 1000 Litern Milch. 10. Jan Hulshof, geb. 14.12.1917 und Garrelt Verdkamp, geb. 26.05.1921, wegen Arbeitsverweigerung. 11. Paulinus Niewold, geb. 09.07.1901 und Gerrit Imbog, geb. 21.07.1921 wegen Arbeitsverweigerung. 12. Cornelius Luinstra, geb. 31.03.1924 wegen Arbeitsverweigerung. 13. Bauke de Vries, geb. 31.07.1907 wegen Wegschüttens von 1600 Litern Milch. 14. Dirk Fokkens, geb. 24.06.1917 wegen Teilnahme an einer Zusammenrottung. 15. Willem Scholten, geb. 25.08.1907 und Wieger Rekker, geb. 05.03.1892, da sie sich als Streikposten betätigten. 16. Harm Bos, geb. 21.09.1910 wegen Brandstiftung bei den Häusern zweier niederländischer Nationalsozialisten. 17. Jan Eizinger, geb. 11.03.1898 wegen Aufforderns zum Schulstreik als Lehrer. Vollstreckt wurden die Urteile in den Fällen 1. Zwol; 3. Trip; 4. Witt; 5. Bakker; 9. Terpstra; 11a. Niewold; 11b. Imbog; 12. Luinstra; 13. de Vries; 14. Fokkens; 16. Bos; 17. Eizinger. Postema (Fall 8) wurde bei einem Fluchtversucht erschossen. Außerdem wurde ein Todesurteil gegen Willem van Rossum am 04.05.1943 in Groningen vollstreckt; das Urteil liegt jedoch nicht vor. Es wurden insgesamt 26 Todesurteile gefällt, von denen 17 vollstreckt wurden.
Die Einberufung der Sondergerichte war völkerrechtlich legal. Anhaltspunkte für Verfahrensfehler sind nicht bekannt. Die Strafen waren - siehe die Besondere Anordnung des Reichskommissars vom 01.05.1943 - nicht schuldunangemessen. Selbst wenn die Todesurteile rechtswidrig wären, könnte dem Beschuldigten keine Schuld nachgewiesen werden. Es müßte ihm - was unmöglich ist - nachgewiesen werden, daß er für die Todesstrafe stimmte und nicht von seinen unbekannt gebliebenen Beisitzern überstimmt wurde. Doch selbst wenn ihm diese Rechtsbeugung nachgewiesen werden könnte, so wäre die Strafverfolgung aufgrund der Verjährung ausgeschlossen.
Staatsanwalt:Eggers
Alte Aktenzeichen staatsanw. Ermittlungsverfahren:Staatsanwaltschaft Hamburg 147 Js 7/65
Former reference codes:213-12_0123
Angeklagte / Beklagte:Wendt, Hans Fritz Georg, Dr.iur., geb. am 28.01.1907 in Hamburg-Altona, SS-Richter bei SS-und-Polizeigericht Den Haag, SS-Sturmbannführer (Tatzeit: SS-Hauptsturmführer)
Date of birth:1/28/1907
 

Usage

End of term of protection:12/31/1998
Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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